Autohäusern steht das Wasser bis zum Hals

Autobauer treiben ihre Verkaufszahlen auf Kosten der Händler künstlich in die Höhe. Das zeigt eine VRT-Reportage des Programms Terzake. Die Händler werden zu großen Abnahmemengen verpflichtet und müssen die Autos dann auch noch selbst anmelden, so dass es aussieht, als ob viele Fahrzeuge verkauft wurden. Tatsächlich bleiben jedoch die Händler auf zahlreichen Neuwagen sitzen. Dem Automobilverband Federauto zufolge treibe das die Autohäuser in den Ruin.

Der Autosektor in Europa ist schon seit Jahren rückläufig. Der Markt ist eingebrochen und viele Werke müssen dicht machen. Obwohl die Nachfrage dürftig ist, produzieren die übrig gebliebenen Autohersteller fast weiter wie bisher und das passiert häufig auf Kosten der Händler.

Die Händler haben jetzt in einer Reportage unseres Hauses auf die Praktiken der Hersteller aufmerksam gemacht.

In dem Bericht zeigt ein Händler ein Auto, das bereits seit zwei Jahren herumsteht. Chris Ost vom Autohaus Ost (kleines Foto) erzählt: "Ich habe aufgehört, sie zu zählen. Wenn jetzt ein Lkw anhält, sind das wieder 200.000 Euro weniger auf dem Konto."

"Das Problem entsteht beim Hersteller", betont Chris Beerens vom Autohaus Beerens. "Die Autobauer produzieren echt zu viele Autos." Diese müssten irgendwie auf dem übersättigten Markt an den Mann gebracht werden, fährt der Händler fort. Deshalb verpflichteten die Hersteller die Händler zu großen Lagerbeständen. Die meisten Händler würden das nicht freiwillig machen. "Wir haben dann einen zu großen Vorrat. Sie wälzen das Problem also auf uns ab."

Frisierte Verkaufszahlen

Ein weiteres Problem ergibt sich, denn echte Verkaufszahlen gibt es in unserem Land nicht. Statt dessen wird jedes Mal die Zahl der Anmeldungen registriert. Die Hersteller verlangen deshalb von den Händlern, die Autos, noch bevor sie verkauft sind, anzumelden. Im Gegenzug dazu erhalten die Händler einen festen Rabatt.

"Am Jahresende führen die Hersteller zum Beispiel Aktionen durch, indem sie sagen, wenn Sie die Autos noch in diesem Jahr anmelden, erhalten Sie eine bestimmte Sonderermäßigung", erklärt Chris Beerens vom Autohaus Beerens noch. Das sei natürlich gut für ihre Jahresberichte und spiele im Wettbewerb eine große Rolle. Damit höben sie künstlich ihren Marktanteil an. Für den Automobilverband Federauto frisierten die Hersteller ihre Verkaufszahlen damit. Nach außen scheinen die Autos verkauft, tatsächlich stehen sie jedoch im Showroom und warten auf einen Käufer und das kann lange dauern.

Dieses Problem kenne man ürbigens auch in den Nachbarländern, so Philippe Decrock von Federauto. Der Importeur oder der Händler melde die Autos an und nachher würden diese Autos als Vorführwagen oder Direktionsautos verkauft. Das verfälsche jedoch die tatsächliche Marktsituation.

Wie sehen die tatsächlichen Zahlen aus?

Aus einer Umfrage von Federauto gehen unglaubliche Zahlen hervor. Bei einigen Marken werden sogar fünf Mal mehr Autos angemeldet, als verkauft worden sind.

So wurden 2012 bei Citroën 7.853 Autos angemeldet, aber nur 2.048 verkauft. Bei Peugeot wurden 7.593 Wagen angemeldet und nur 1.004 verkauft. Renault ließ 8.405 Autos eintragen, verkaufte aber nur 1.936 Fahrzeuge. VW wurden 8.274 angemeldet, aber nur 1.791 an den Mann gebracht. Und Audis wurden 4.970 angemeldet, jedoch nur 752 Kunden hierfür gefunden.

Der Chefredakteur der Autofachzeitschrift Autogids, Tony Verhelle, erzählt ähnliches: "Die Situation ist bitter. Die Hersteller arbeiten seit 30 Jahren an einem Push-Markt anstelle eines Pull-Marktes."

Verhelle sieht schwarz für die Zukunft: "Der europäische Markt wird sich in den kommenden Jahren nicht erholen. Das Ford-Szenario, bei dem große Werke schließen, wird sich wahrscheinlich wiederholen."

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